Patagonien

Reiseberichte aus dem Sanella-Album Mittel- und Südamerika

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Wir saßen in Paulos Krankenzimmer und rechneten aus, daß Onkel Tom inzwischen wohl glücklich in Asunción, der Hauptstadt von Paraguay, gelandet ist. Hoffentlich läßt er uns hier in Mendoza nicht zu lange warten!

Onkel Tom ist ausgesöhnt

Lieber Jupp, es ist entschieden! Onkel Tom hat telegrafiert, daß er in drei Tagen nach Mendoza zurückkommt. Wir haben telegrafisch geantwortet, daß er dann dort warten soll, bis Paulo wieder reisefähig ist. Unser gestürzter Pampasreiter hat Glück: Er fliegt über die Anden nach Santiago. Aber als Entschädigung fahre ich mit Fernandez mit dem Auto und der Bahn in den argentinischen Nationalpark und dann an die Küste, wo wir uns einschiffen wollen. (Ich nehme den Brief mit und schreibe ihn unterwegs weiter.) Zwei Tage später. Wir sind schon auf der Achse und machen eben eine kleine Rast in einer ländlichen Gastwirtschaft, einer "Fonda", wie sie hierzulande heißen. In der Ferne nach Westen ist der eisgepanzerte Gipfel des Vulkans Lanin zu sehen.

Im argentinischen Naturschutzpark "Nahuel Huapi"

Eine herrliche Landschaft. Hier darf kein Baum gefällt und kein Tier erlegt werden. Es soll alles ganz urtümlich bleiben. Herrliche Seen, gewaltige Wälder, hohe Berggipfel ringsum. Hier wird einem ganz feierlich zumute. Übrigens ist es von hier gar nicht mehr weit bis zur chilenischen Grenze. Die verläuft hoch im Gebirge. Wir haben eine Weile überlegt, ob wir nicht westwärts weiterfahren sollten, um schneller in Chile zu sein als Onkel Tom und Paulo.

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Aber Fernandez meint, jetzt sollten wir doch noch bis zur Südspitze des grünen Kontinents fahren. "Damit du deinem Freund Jupp schreiben kannst, du wärst fast in der Antarktis gewesen!" Nun, ich bin dabei! Wir müssen uns nur noch dicke Pullover kaufen, weil es da unten schon ordentlich kalt sein soll.

Auf der schiefen Ebene von Patagonien

Die Rückfahrt geht also durch Patagonien an die Ostküste des Atlantik. Eine rauhe, öde, unfruchtbare Ebene mit Steingeröll, die sich nach Osten hin senkt. Ständig wehen trockene Westwinde über das Land. 15 bis 17 Millionen Schafe werden hier gehalten, die bei jeder Schur etwa 60 000 Tonnen Wolle liefern. Von weitem war erst gar nicht zu erkennen, was das für große, helle Flecken waren, die ein paar Reiter umritten. Aus der Nähe war es ein Gewoge und Gewimmel, unzählige Schafrücken, dicht gedrängt.

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Große, bösartige Hunde umkreisten die Herden, die langsam über die mageren Grasflächen zogen. In den weiten Einöden hausen die Reste alter Indianerstämme in Fellzelten, die vor der Winterkälte schützen müssen. Sie glauben noch an böse und gute Naturgeister und üben ihre uralten Zauberbräuche aus. Patagonische Viehhirten haben uns auch vom Puma oder Silberlöwen, dem zweitgrößten Raubtier neben dem Jaguar, erzählt. Bis hoch ins Gebirge hinauf streift er umher. Neben den Geiern ist er hier die "Gesundheitspolizei". Als wir heute in den Hafen von Bahia Bianca kamen, wurde gerade ein Fangkäfig mit zwei Pumas auf ein Schiff nach Europa verladen. Die "Tiere knurrten und fauchten und sprangen zähnefletschend gegen die Gitterstäbe, sobald man sich ihnen näherte. Da standen aber noch eine ganze Menge anderer Käfige und Kisten am Kai. Stell Dir vor: Hier wurde eben ein großer Tiertransport für Hagenbeck verladen! Wenn Du mal wieder in den Hamburger Tierpark Stellingen kommst, sieh Dir auf jeden Fall die beiden Pumas an! Die können Dir von Patagonien und Deinem Freund Pünneberg Grüße bestellen.

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Patagonien bezeichnet den Teil Südamerikas, der sich südlich der Flüsse Río Colorado in Argentinien und Río Bío Bío in Chile sowie nördlich der Magellanstraße befindet. Eine genaue, festgelegte Abgrenzung gibt es nicht. Patagonien wird in zwei durch die Anden voneinander getrennte Großlandschaften unterteilt. Es besteht aus Westpatagonien, das überwiegend zu Chile gehört, und dem größtenteils zu Argentinien gehörenden Ostpatagonien. Oftmals wird auch das südlich der Magellanstraße gelegene Feuerland zu Patagonien gerechnet. Patagonien ist sehr dünn besiedelt. Die mittlere Bevölkerungsdichte liegt bei etwa 2 Einwohnern pro Quadratkilometer, in Santa Cruz sogar unter 1 Einwohner pro Quadratkilometer.